Viele Schwimmkurs-Anbieter werden mit Anfragen regelrecht überrannt und kommen kaum noch hinterher
Immer weniger Kinder können sicher schwimmen - und das als eine direkte Folge der Corona-Krise. Davor warnen auch in Baden immer mehr Schwimmvereine.
Auf der anderen Seite ist die Nachfrage von Eltern nach entsprechenden Schwimmkursen für ihre Kinder aktuell so hoch, dass die Trainer momentan keine Chance haben, allen auch einen Platz anzubieten, berichtet auch Vorstandsvorsitzender Michael Schöllhorn vom Schwimmverein Neptun aus Umkirch.
Nach langen Verzögerungen kann sein Verein nun erst wieder damit beginnen, die ersten Schwimmkurse für Kinder anzubieten. Die Online-Anmeldung dafür startet am Samstag (24.07.2021) und schon in der nächsten Woche soll es losgehen.
Problem ist nur, dass Umkirch seit dem letzten Lockdown keine eigenen Schwimmflächen mehr besitzt. Das Hallenfreibad Aquafit musste nach einem Gemeinderatsbeschluss von Ende September 2020 endgültig schließen - trotz massiver Versuche von Bürgerinitiativen und einer Petition, das Angebot auch für die Zukunft zu erhalten.
Seitdem weicht der SV Neptun Umkirch wie viele andere Vereine aus Freiburg und Umgebung auch auf das Freiburger Westbad aus. Das ist für viele aktuell die einzige Möglichkeit, überhaupt solche Gruppenangebote auf die Beine zu stellen.
Die Absprache unter den einzelnen Vereinen sei sehr kollegial und solidarisch, berichtet Schöller und lobt dabei auch explizit die anderen Kursangebote von DLRG und des Schwimm-Sportvereins Freiburg. Trotzdem sei es für jeden Beteiligten in der Situation ein Kampf um freie Belegungszeiten.
Nachfrage lässt sich mit den noch vorhandenen Bädern kaum abdecken
Um dem großen Andrang überhaupt gerecht werden zu können und trotzdem noch alle Corona-Regeln während der Kurszeiten einhalten zu können, wurden so etwa nicht nur die Schwimmerbahnen, sondern auch das Nichtschwimmerbecken in zwei Bereiche unterteilt, um mehrere Kurse gleichzeitig ablaufen lassen zu können.
Dass viele Kinder gar nicht mehr richtig lernen, sich über Wasser zu halten, sei schon seit Jahren ein großes Problem, warnt auch die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft DLRG. Die Rettungsschwimmer beobachten seit geraumer Zeit, dass viele Familien mit ihrem Nachwuchs zwar im Wasser planschen.
Wenn es aber dann darum geht, eine größere Strecke am Stück zu schwimmen ohne dabei viel Wasser zu schlucken oder sich komplett zu verausgaben, haben immer mehr Kinder und Erwachsene Defizite.
"Deutschland entwickelt sich zum Nichtschwimmerland"
Schwimmvereinsvorstand Schöller geht nach den Rückmeldungen seiner Trainer und den eigenen Beobachtungen der letzten Jahre davon aus, dass die Motorik und die Koordinationsfähigkeit gerade bei jungen Badegästen massiv nachgelassen hat.
Problem ist, dass solche Defizite aus der Jugend im Erwachsenenalter oft gar nicht mehr aufgeholt werden können. Und das habe nicht nur körperliche und psychische Auswirkungen, sondern wird nach seiner Überzeugung mit ein paar Jahren Verzögerung zu einem massiven Anstieg der Badetoten in Deutschland führen. Zuletzt hatten rund 500 Menschen im Jahr ihr Leben bei Badeunfällen verloren.
Nicht nur vor diesem Hintergrund sollte das Schwimmen ein grundsätzlicher Bestandteil der Daseinsvorsorge eines jeden Menschen sein und auch Teil der schulischen Ausbildung, so die Forderung.
Doch in der Praxis können nach aktuellen Zahlen nur 40 Prozent der Achtjährigen im Land überhaupt noch schwimmen. Schöller macht dafür nicht nur die Auswirkungen der Pandemie, sondern auch den generellen Leistungsdruck verantwortlich, der auf den Kindern und Jugendlichen heute lastet.
Bildungsentwicklungen wie die Ganztagesschule hätten dazu geführt, dass die potenziellen Schwimmschüler oft unter großem Stress stehen und wenn überhaupt, dann nur noch zu den Abendzeiten an Schwimmkursen teilnehmen könnten. Darauf mussten viele Vereine bereits mit ihren Angeboten reagieren.
(fw)