Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen
Um während der Coronakrise an dringend benötigte Desinfektionsmittel zu gelangen, hat sich die Freiburger Uniklinik zu einem skurrilen Schritt entschieden, in dem eine große Chance stecken könnte. Das Krankenhaus hat am Dienstag (24.03.2020) eine Kooperation mit der Staufener Hausbrennerei Schladerer unterzeichnet.
Diese soll jetzt aus ihren Lagerbeständen rund 12.000 Liter hochprozentigen Alkohol gewinnen - allerdings nicht wie gewohnt in Form von Schnäpsen und Likören zum Trinken, sondern für die professionelle Desinfektion von Händen im Klinikalltag oder bei medizinischen Eingriffen.
Aus tausenden Litern Obstbrand sollen Desinfektionsmittel werden
Dazu werden die vorhandenen Obstgeiste und anderen regionalen Schnäpse noch einmal destilliert, um ihren Alkoholgehalt zu erhöhen. Bei dem größten Teil handelt es sich dabei um Himbeergeist, der nach dem erneuten Brennen noch zusätzlich mit Neutralalkohol weiter aufbereitet werden muss, um den gewünschten Gehalt von über 80 Prozent zu erreichen.
Im Anschluss verarbeitet ein bayerischer Partner der Uniklinik die früheren Edelbrände aus Südbaden zu Desinfektionsmitteln weiter und schickt sie an das Universitätsklinikum Freiburg, an Apotheken, sowie an andere Kliniken in der Region. Der zuständige Apotheker und Laboreinkäufer der Uniklinik Martin Roser ist erleichtert:
Wir brauchen dringend Desinfektionsmittel, um unsere tägliche Arbeit fortführen zu können. Dass uns in dieser schwierigen Situation ein mittelständisches Unternehmen aus der Region zur Seite steht, ist einfach großartig
Auch Spirituosenhersteller Philipp Schladerer ist sehr froh, mit seinem Unternehmen einen kleinen Beitrag zur Überwindung der Krise beitragen zu können, verrät er auf baden.fm-Anfrage. Die Idee, mit der Freiburger Uniklinik Kontakt aufzunehmen, war recht spontan über einen Freund und Geschäftspartner entstanden und hatte in den letzten Tagen schnell Gestalt angenommen.
Die Produktion der Brennerei wurde bereits umgestellt. Bis in die nächste Woche hinein wird sie bis zu 1000 Liter des benötigten Alkohols pro Tag herstellen. Schon jetzt laufen die Destillationsvorgänge im Hochbetrieb.
Das hat es in den letzten 176 Jahren so noch nicht gegeben
Schladerer betont, solche Schritte habe in der 176-jährigen Geschichte der Brennerei noch niemals zuvor gegeben, sind aber aus seiner Überzeugung nun der richtige und notwendige Schritt. Auch an anderen Orten in Deutschland ziehen Hersteller jetzt mit dem südbadischen Traditionsbetrieb gleich und bieten ihre Unterstützung an.
Wegen der hohen Nachfrage während der Corona-Pandemie waren bei vielen Apotheken und Krankenhäusern nicht nur die fertig produzierten Desinfektionsmittel knapp geworden. Einige konnten auch keine mehr selbst herstellen, weil ihnen der hochprozentige Alkohol als Hauptbestandteil auszugehen drohte.
(fw)