Lehrer und Schüler sollen sich im Unterricht auch jederzeit ins Gesicht sehen können
Baden-Württemberg Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) will das Tragen von religiöser Vollverschleierung an den Schulen im Land verbieten lassen. Das hat sie am Dienstag (04.02.2020) nach einem Gerichtsentscheid zum Thema aus Hamburg angekündigt. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (GRÜNE) stärkt ihr dabei den Rücken, obwohl der Vorstoß offenbar nicht mit ihm abgesprochen war.
Beide betonen, dass man nach ihrer Ansicht in einer offenen Gesellschaft auch sein Gesicht zeigen müsse. Die grün-schwarze Landesregierung will das Schulgesetz nun dementspechend zügig anpassen, um Rechtssicherheit für das geplante Verbot zu schaffen.
Eisenmann findet, dass auch die Religionsfreiheit ihre Grenzen habe - und zwar dann, wenn sich Lehrer und Schüler im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr ins Gesicht schauen können. Ein verhülltes Gesicht verhindert nach ihrer Meinung eine offene Kommunikation, die auch auf Gestik und Mimik beruht. Die Ministerin lehnt das Tragen von Nikabs an den Schulen deshalb ab.
Landes-Grüne: "Eisenmann grenzt sich nicht vom rechten Rand des politischen Spektrums ab"
Kritik am Vorhaben kommt unter anderem von den Südwest-Grünen: Sie bezeichnen Eisenmanns Vorstoß als Scheindebatte und werfen der CDU-Spitzenkandidatin ihr vor, mit einem rechtspopulistischen Thema Wahlkampf zu betreiben. Zwar lehnen auch die Grünen Burka und Nikab als Symbole der Unterdrückung von Frauen ab, so die Landesvorsitzenden Sandra Detzer und Oliver Hildenbrand. Allerdings seien die Fallzahlen an den Schulen in Baden-Württemberg nahe null.
Auslöser der Debatte war ein Urteil des Hamburgerischen Oberverwaltungsgerichts. Dieses hatte das Tragen von Gesichtsschleiern im Unterricht erlaubt. Geklagt hatte die Familie einer 16-jährigen, streng gläubigen Muslima. Sie nehme ihre Nikab nur zuhause oder bei Freundinnen ab, musste deshalb aber in der Schule getrennt von ihren Mitschülern in einem Nebenraum sitzen. Für eine Anordnung der Schulbehörde, ihr den Schleier zu verbieten, hatte es an einer rechtlichen Grundlage gemangelt.
(fw) / dpa