Sie versuchen sich Vertrauen zu erschleichen oder ihr Opfer unter Druck zu setzen
Auch bei in Südbaden häufen sich seit Jahren die Betrugsversuche am Telefon. Die Polizei geht davon aus, dass es die Kriminellen dabei vor allem auf ältere Menschen abgesehen haben. Über Telefonbücher oder Adresslisten im Internet suchen sie sich meist in einem bestimmten Landkreis Einträge mit älter klingenden Vornamen heraus. Immer wieder können die Täter gerade von dieser Zielgruppe hohe Bargeldsummen oder Wertgegenstände erbeuten - oft auch Erbstücke, die seit Generationen in Besitz einer Familie waren und die von hohem emotionalen Wert sind.
Potenzielle Beute können aber auch persönliche Daten wie Passwörter, Adressen, PIN-Nummern oder Kontoinformationen sein. Auch damit lässt sich in den falschen Händen großer Schaden anrichten. Die Folge sind geplünderte Bankkonten, überteuerte Abonnements oder als lukratives Ziel weiterer Straftaten im Netz zu kursieren. So oder so: Für die Betroffenen ist der Leidensdruck groß. Viele schämen sich auch, auf die Betrüger reingefallen zu sein und wenden sich daher erst spät an Vertraute oder die Polizei.
"Erkennst du mich denn nicht mehr?"
Gerade mit solchen Gefühlen spielen die Täter in aller Regel sehr aktiv, weiß der Leiter der Kriminalinspektion Achim Hummel vom Polizeipräsidium Freiburg. Häufige Zwischenfragen wie "Sag bloß, du erkennst deinen eigenen Enkel nicht mehr?" zielen etwa exakt auf die Ängste vieler Senioren und drängen sie damit in die Ecke. Inzwischen machen sie sich aber auch die Ehrfurcht vor klassischen Respektspersonen wie Polizei, Behörden, Priestern oder Ärzten zu Nutze.
Egal um welche Telefon-Abzockmasche es sich am Ende handelt: Die allermeisten eint, dass die Anrufer sehr einvernehmend auf ihr Gegenüber einreden und am Anfang meist freundlich und höflich auftreten, um sich Vertrauen erschleichen zu können. Sei es die drohende Verhaftung eines Familienmitglieds, ein bevorstehender Einbruch oder der Gewinn, der sonst verfällt: Angeblicher Zeitdruck soll die Betroffenen dazu bringen, dranzubleiben und überstürzte Entscheidungen zu treffen, ohne die Forderungen weiter zu hinterfragen.
Drei Methoden kommen dabei bei uns in Südbaden besonders regelmäßig zum Einsatz:
Für die Polizei ist es meist schwierig, nach Serien von Betrugsanrufen an die Hintermänner zu kommen, da diese in einigen Fällen separat vernetzt im Ausland sitzen. Je länger sie unbehelligt ihren Machenschaften nachgehen können, desto stärker professionalisieren sich die Täter, so die Erfahrung der Kripo. Darüber hinaus gibt es Unterschiede bei den einzelnen Vorgehensweisen.
So sind die klassischen Schockanrufe in der Region momentan eher auf einem absteigenden Ast, berichtet uns Hummel. Ein Grund dafür könnte es sein, dass hier bereits mehr Menschen vor der Masche gewarnt sind und sich nicht mehr so leicht auf die Forderungen einlassen. Der an und für sich ziemlich ähnliche Enkeltrick bleibt hingegen nach wie vor ein weit verbreitetes Problem in Südbaden. Relativ neu hinzugekommen sind die Gewinnversprechen, ebenso wie die Masche mit den falschen Polizisten, die hier erstmals vor drei bis fünf Jahren Einzug gehalten hat.
Natürlich lassen sich auch die Betrüger immer neue Varianten einfallen, auf die ihre Opfer noch nicht eingestellt sind und die auch die Ermittler in der Form noch nicht kennen.
Trotzdem lassen sich mit ein paar Verhaltenstipps die meisten Abzockmaschen zuverlässig aushebeln:
- Sobald Ihnen etwas am Telefon merkwürdig vorkommt, legen Sie erst einmal auf. Das gilt auch dann, wenn der Anrufer am Anfang sehr freundlich ist oder unbedingt darauf besteht, das Gespräch zu halten.
- Niemals sollte man am Telefon über private oder finanzielle Verhältnisse Auskunft geben. Auch regelmäßige Gewohnheiten wie Laufrouten, feste Arzttermine etc. können sich Kriminelle zu Nutze machen, um in der Zwischenzeit die Wohnung auszuräumen oder einen Überfall, etwa nach dem Geldabheben bei der Bank zu planen.
- Auch wenn sich der Anrufer in einer vermeintlichen Notsituation befindet, sollte man sich nicht unter Druck setzen lassen. Wichtig ist hier, mit anderen Menschen aus dem sozialen Umfeld über den Anruf zu sprechen und sie miteinzubeziehen.
- Bleiben Sie besonders bei unangemeldeten Besuchen von angeblichen Bekannten eines Familienmitglieds, Polizisten oder Handwerkern skeptisch. Echte Polizisten können sich immer über einen gültigen Dienstausweis zu erkennen geben. Im Zweifelsfall können Sie selbst über den Notruf 110 die Ermittler anrufen und sich so rückversichern.
- Umgekehrt wird die Polizei Sie niemals über die Nummer 110 anrufen, sondern immer nur über die festen Telefonnummern der jeweiligen Polizeireviere und Dienststellen. Kriminelle nutzen oft technische Tricks, damit als Anrufer die Notrufnummer auf dem Display des Opfers steht.
- Geben Sie in Telefonbüchern und Online-Adressverzeichnissen entweder nur ihren Nachnamen an oder kürzen Sie ihren Vornamen dort mit dem Anfangsbuchstaben ab. Betrüger durchforsten die Daten auf der Suche nach Opfern bevorzugt nach Vornamen, die nach einer älteren Generation klingen.
- Wenn Sie bereits zum Opfer eines Trickbetrugs am Telefon wurden, zögern Sie nicht, sich ihrem Umfeld anzuvertrauen und auch umgehend Anzeige zu erstatten. So sind die Chancen auf einen Fahndungserfolg erfahrungsgemäß am höchsten. Auch für eine mögliche Ortung von Telefonnummern gilt ein bestimmer Zeitrahmen. Außerdem kann die Polizei dann weitere Hilfe vermitteln, etwa über Opferschutzorganisationen wie dem Weißen Ring.
(fw)