Eine Telefonzelle wird zur Attraktion in der 170-Einwohner-Gemeinde Murbach
Sie soll angeblich die letzte Telefonzelle Frankreichs sein - und sie steht im kleinen Ort Murbach im Elsass, am Fuße des Grand Ballon. Doch ruhig ist es um das Relikt vergangener Zeiten der Telekommunikation keineswegs geworden. Im Gegenteil: "Elle n'arrête pas de sonner" - "Sie hört nicht auf, zu klingeln" - titelt die französische Tageszeitung "Le Figaro". Und tatsächlich schellt das Telefon in der Zelle praktisch ohne Unterlass, was besonders die 170 Einwohner von Murbach beschäftigt.
Seit das Magazin "Paris Match" im Juli berichtete, dass die Murbacher Telefonzelle mit der Seriennummer 468 die letzte ihrer Art im Land sei, schellt es in der Kabine. Das Magazin hatte die Nummer veröffentlicht und die Menschen begannen anzurufen. Gelegentlich nehmen Anwohner oder Besucher den blauen Hörer ab. Feste Regeln gibt es in der abgeschiedenen Kommune in der Nähe von Guebwiller im Département Haut-Rhin nicht. "Jeder kann antworten. Und dann fragt man, woher diese Leute anrufen, und man schreibt ihren Namen auf", berichtet Anwohnerin Marie-Claude König. "Wir finden das total étonnant (erstaunlich)", sagt die Elsässerin mit Blick auf den Rummel.
Keine ausgehenden Telefonate mehr möglich
Niederschreiben kann man die Eckdaten eines Telefonats in einem in der Telefonzelle ausliegenden Heft. Die Gemeinde kann zu den Hintergründen selbst nicht viel sagen. Man wisse noch nicht einmal, wann die Zelle vom damaligen nationalen Telekomunternehmen France Télécom aufgestellt wurde, erklärt das Rathaus gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Ein Sprecher des Nachfolgekonzerns Orange bestätigte der dpa, dass Murbach in der Tat die letzte noch funktionierende Kabine im ganzen Land habe. Daneben gebe es noch zwei weitere "Publiphones", also öffentliche Telefone, beispielsweise in einem Rathaus. Aber eben nicht in einer Zelle. An den zusammen drei verbliebenen Geräten könne man nicht mehr bezahlen. Es sei nur noch möglich, einen Anruf entgegenzunehmen.
Anrufer aus aller Herren Länder
Eigentlich ist Murbach unweit zur Grenze zu Baden-Württemberg für seine mächtige Abtei aus dem Mittelalter bekannt. Inzwischen werde vom örtlichen Touristenführer auch auf die neue Attraktion des Dorfes hingewiesen. Die Gemeinde liegt in einem Gebiet, das in Frankreich schlicht "Zone blanche" ("weiße Zone") genannt wird. Eine Mobilfunkverbindung ist also je nach Standort schlecht oder gar nicht möglich.
Die kuriose Zelle löste inzwischen in vielen Medien und sozialen Netzwerken Interesse aus. Im zerfledderten Anrufheft auf der Ablage stehen Namen aus Frankreich, Belgien, der Schweiz, der französischen Karibikinsel Guadeloupe und Kanada.
(br/dpa)