Gerade jetzt im Sommer sagt gefühlt jede zweite Wettervorhersage etwas anderes aus. baden.fm erklärt, warum das so ist
Wer sich im Sommer mit Freunden zu einem Festbesuch verabreden will, der kennt das Problem bestimmt gut: Auf dem einen Smartphone zeigt die Wetterapp für das gewünschte Datum 27 Grad im Schatten und Sonne pur an. Beim anderen sind es hingegen frühlingshaftere 22 Grad und Gewitter.
Und selbst auf ein und dem selben Gerät kann sich die Wettervorhersage teilweise innerhalb kürzester Zeit noch einmal ändern, nachdem vorher tagelang kein Hinweis darauf war. Und auch uns von baden.fm ist es natürlich ein Anliegen, dass unser Wetterbericht im Radio so genau und zuverlässig wie nur möglich ist. Wir beschäftigen uns deshalb mit der Frage:
Warum zeigen eigentlich fast alle Wetter-Apps was anderes an?
Dazu muss erst einmal erklärt werden, wie Wettervorhersagen entstehen. Dafür sammeln etliche Messstationen auf der gesamten Welt jede Sekunde Wetterdaten wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder Windgeschwindigkeiten in verschieden hohen Luftschichten. Dabei fallen riesige Datenmengen an. Um die überhaupt auswerten und aus dem Ist-Zustand eine Vorhersage treffen zu können, braucht es extrem hochleistungsfähige Supercomputer und entsprechende Algorithmen in einem Vorhersagemodell.
Von diesen Modellen gibt es aber viele verschiedene. Und sie teilen die Landschaft jeweils in unterschiedlich große Raster auf, in denen sie ihre Wetterprognosen erstellen. Während das amerikanische GFS-Modell die Welt in neun mal neun Kilometer große Quadrate aufteilt und damit in den USA zuverlässige Vorhersagen schafft, wäre das für Deutschland und seine vielfältige Landschaft oft zu ungenau.
Tatsächlich nutzen aber die meisten vorinstallierten Wetter-Apps auf dem Handy das GFS-Modell - was auch mit seiner leichten Verfügbarkeit und dem Sitz vieler Entwickler in den USA zu tun hat.
Ein Richtig oder Falsch gibt es allerdings bei den verschiedenen Vorhersagesystemen nicht. Alle haben eigene Stärken und Schwächen. So ist die amerikanische Variante beispielsweise vergleichsweise gut darin, rechtzeitig vor aufziehenden Hurricanes und Wirbelstürmen zu warnen, behält aber dabei eher die Großwetterlage im Blick und nicht so sehr die regionalen Unterschiede. Die deutsche ICON-Version kann hingegen selbst Bodennebel innerhalb von zwanzig Quadratkilometern zuverlässig vorhersagen, hier kann es ab und an aber mal vorkommen, dass ein anstehendes Sommergewitter erst relativ spät erkannt wird.
Wie zuverlässig sind die Wettervorhersagen überhaupt?
Grundsätzlich gilt: Je weiter das Datum beim Wetterbericht in der Zukunft liegt, desto ungenauer und fehleranfälliger werden auch die Vorhersagen. Gute Wetter-Apps zeigen hier deshalb auch nur Trends an und keine stundengenauen Tagesverläufe mehr von Temperatur und Regenwahrscheinlichkeit wie beim 3-Tage-Wetter. Bei der aktuellen Rechenleistung moderner High-Tech-Supercomputer können Sie davon ausgehen, dass die Vorhersagen für die nächsten fünf bis sechs Tage in aller Regel zuverlässig sind. Alles darüber hinaus, wird dann zunehmend Spekulation.
Eine Negativbeispiel für eine Ausnahme von dieser Faustregel haben wir alle aber zuletzt während der Corona-Pandemie zu spüren bekommen. Und das liegt erneut daran, wie überhaupt die Wetterdaten erhoben werden. Rund 80 Prozent aller Daten stammt beim deutschen ICON-Modell schätzungsweise von Wetterballons und Satelliten, weitere zehn Prozent von Wetterwarten, Bojen und anderen Bodenstationen. Und die restlichen zehn Prozent kommen von Flugzeugen.
Die mussten aber gerade zu Beginn der letzten zwei Jahre wegen Lockdowns und Reisebeschränkungen deutlich öfter am Boden bleiben. Und konnten damit ohne Flug auch keine Messwerte wie Luftfeuchtigkeit und Luftdruck liefern. Besonders bei den hochaufgelösten Vorhersagemodellen wie dem COSMO-D2 des Deutschen Wetterdienstes fällt diese Datenlücke besonders stark ins Gewicht. Vor allem in höheren Luftregionen haben so wichtige Vorhersagedaten gefehlt und besonders regionale Unterschiede beim Wetter ließen sich dadurch nur schwerer vorhersagen.
Warum sagt meine App häufig Regen voraus, obwohl es am Ende trocken bleibt?
Zunächst bedeutet der Begriff "Regenwahrscheinlichkeit" nicht, was viele im Alltag darunter verstehen und das führt schnell zu Missverständnissen. Wenn die Wetter-App eine Regenwahrscheinlichkeit von 60 Prozent anzeigt, heißt das nicht, dass es zu 60 Prozent Wahrscheinlichkeit den ganzen Tag über regnen wird. Und es bedeutet auch nicht, dass es zu 60 Prozent der Tageszeit zu einem Niederschlag kommen wird.
Stattdessen ist mit der Zahl etwas anderes gemeint: 60 Prozent bedeutet, dass es in der Vergangenheit in 60 Prozent der vergleichbaren Wetterlagen wie heute am Ende zu Regen kam - und ob nur ein paar Tropfen oder ein unwetterartiger Starkregen, darüber sagt der Wert rein gar nichts aus.
Hinzu kommt außerdem ein psychologischer Effekt und der liegt häufig am Design Ihrer Smartphone-Wetterapp. Und er ist auch nicht ganz ungewollt: Häufig wird hier selbst bei einer geringen Regenwahrscheinlichkeit von 20 oder 30 Prozent schon ein kleines Wolkensymbol mit Regentropfen angezeigt anstelle einer Sonne mit ein paar Wolken davor. Hier wollen die Macher einfach auf Nummer sicher gehen.
Es handelt sich schließlich nur um Vorhersagen und keine Garantien, dass es an diesem Tag wirklich regnen wird. Bevor die Nutzer der App aber ohne Schirm rausgehen und am Ende sauer sind, weil sie nassgeworden sind, greifen viele Anbieter deshalb lieber eher etwa früher auf das Regen-Symbol zurück. Wenn es dann umgekehrt in der Realität trocken bleibt, obwohl dieses Symbol dort eingeblendet war, ist das für viele das kleinere Übel.
Tatsächlich lässt uns das beim schnellen Checken der Wettervorhersage aber unterbewusst denken: "Ohje, das wird in den nächsten Tagen ziemlich ungemütlich!", selbst wenn es am Ende gar nicht so kommen muss.
(fw)