Kinder, Familie, Angst, Langeweile, Zuhause, © Pixabay (Symbolbild)

So können Eltern das Thema Krieg erklären ohne weitere Ängste zu schüren

Ein Medienpädagoge gibt Tipps, wie sich Angst nehmen lässt und die Sorgen der Kinder trotzdem ernst genommen werden

Mama, was ist eigentlich Krieg?

Hätten Sie auf diese Frage sofort eine passende Antwort parat? Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ist aktuell auch in vielen Familien hier in Baden ein schwerwiegendes Thema. Die Bilder von Raketenangriffen, Truppenbewegungen von Panzern oder zerstörter Straßenzüge sind in den Medien allgegenwärtig. Ebenso wie die von verzweifelten Menschen, die in U-Bahn-Schächten Schutz vor Angriffen suchen oder die nicht nur ihr Zuhause, sondern vielleicht auch einen Angehörigen oder Freund verloren haben.

Egal ob im Radio oder im Fernsehen, beim Surfen im Internet oder in den sozialen Netzwerken und Messengerdiensten: Überall dort, wo Kinder und Jugendliche im Alltag mit solchen Bildern in Kontakt kommen, ist das Risiko vorhanden, dass sie über die aktuelle Berichterstattung über den Konflikt auch mit Eindrücken konfrontiert werden, die sie belasten, verängstigen oder möglicherweise komplett überfordern können.

Wie Eltern damit am besten umgehen und welche Tipps beim kindgerechten Erklären solcher komplexer Zusammenhänge helfen können, darüber haben wir von baden.fm am Freitag (25.02.2022) mit dem Medienpädagogen Michael Gurt vom Elternratgeber-Portal Flimmo gesprochen. Klar ist dabei: Eine universale Lösung gibt es nicht, weil jedes Kind anders ist und anders mit solchen Dingen umgeht. Aber diese Punkte können grundsätzlich helfen:

Auf die Sorgen der Jungen und Mädchen offen eingehen

Für den Experten das beste Verhalten: Dass Eltern die Sorgen ihrer Kinder im Zusammenhang mit dem Kriegsgeschehen auch ernst nehmen und Fragen zulassen. Wer abblockt oder vorhandene Ängste kleinreden will, der lässt sein Kind am Ende damit alleine. Ein "Das verstehst du noch nicht" löst keine Probleme, sondern führt aus Gurts Überzeugung zu nur noch größerer Verunsicherung.

Wichtiger wäre es daher, den Kindern Zuwendung zu schenken, sie zu trösten und ihnen Sicherheit zu vermitteln. Außerdem müssen auch Erwachsene nicht alle Fragen auf Anhieb komplett beantworten können. Wer selbst nicht weiß, wie er mit den Eindrücken umgehen soll, kann das auch vor dem Sohn oder der Tochter eingestehen und offen darüber reden, dass das einen traurig macht.

Doch wie erklärt man denn aber nun so etwas heftiges wie einen Krieg richtig, damit es auf der einen Seite verstanden wird, aber gleichzeitig nicht zusätzliche Ängste schürt? Das hängt auch ein wenig vom Alter der Kinder ab, meint der Experte.

Kindgerechte Definitionen je nach Alter der Kinder wichtig

Bis zum Ende des Kindergartenalters kriegen die meisten noch nicht so viel von den aktuellen Nachrichten mit. Manche Ergeisnisse sind aber so präsent, dass Kinder trotzdem Fragen stellen. Eine angemessene Reaktion ist nach Einschätzung des Medienpädagogen eine kurze Erklärung mit einfachen Worten, aber ohne genaue Details oder dramatische Zuspitzungen. Die meisten Kleinkinder geben sich damit dann bereits zufrieden und widmen sich im Anschluss wieder anderen Dingen.

Einen leicht verständlichen Ansatz für Schulkinder liefert beispielsweise die "Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet" aus dem badischen Merzhausen. Über diesen Verein betreiben Eltern, Lehrer, Wissenschaftler und Journalisten das Onlineportal "Klexikon". Das erklärt als eine Wikipedia-Alternative für Kinder über 3.000 Themen mit einfachen und kindgerechten Worten. Dort heißt es beim Klexikon-Eintrag zum Thema Krieg:

Krieg nennt man es, wenn Staaten miteinander in Streit sind. Sie wollen mit Gealt einen anderen Staat zu etwas zwingen. Manchmal sind es nicht Staaten, sondern große Gruppen von Menschen, die Krieg führen. Krieg zerstört vieles und meistens sterben auch Menschen. Fast ständig gibt es irgendwo auf der Welt Krieg. Politiker und andere Menschen versuchen, Krieg zu verhindern. Das sollen zum Beispiel die Vereinten Nationen leisten.

Erklärvideos können helfen - solange sie altersgerecht sind

Wem es schwerfällt, die richtigen Worte zu finden, der kann sich auch gemeinsam mit den Kindern entsprechende Nachrichten oder Erklärvideos anschauen, so ein Tipp für die Praxis: Weil aber die Nachrichtensendungen für Erwachsene viel Hintergrundwissen voraussetzen und auch dort drastische Bilder gezeigt werden können, empfiehlt Gurt stattdessen kindgerechte Videos wie von der ZDF-Kindernachrichtensendung logo! oder den KIKA-Reportern von Neuneinhalb.

Zusätzlich kann es geraden kleineren Kindern auch helfen, ihre Eindrücke zu verarbeiten, indem Sie das was Sie belastet nachspielen oder ein Bild dazu malen. Für Ältere sind nicht nur Gespräche, sondern dabei auch konkrete Informationen wichtig.

Prinzipiell gilt aber auch: Je älter der Nachwuchs ist, desto schwerer lässt sich für Eltern komplett vermeiden, dass die Kinder mit solchen Kriegsbildern wie aktuell in der Ukraine in Kontakt kommen - wenn nicht über die klassischen Medien, dann über die sozialen Netzwerke, oder im Gespräch mit Freunden auf dem Schulhof oder im Sportverein. Bewusste Internet-Pausen können zwar vor Überforderung helfen, sind aber keine dauerhafte Lösung.

Wichtig ist es dann vor allen Dingen, dass Sie als Eltern oder eine andere Vertrauensperson als Ansprechpartner da sind, um die Jungen und Mädchen nicht mit vielleicht überfordernden Eindrücken allein zu lassen. Und wenn Sie das ganze Geschehen selbst ziemlich mitnimmt, dann plädiert Medienpädagoge Gurt im Zweifelsfall immer für authentisches Auftreten: Anstatt gut gemeinter Notlügen oder Versuchen das Thema zu wechseln, kommen die meisten Kindern auch gut damit klar, wenn Sie als Erwachsener zugeben, dass Sie nicht alles wissen oder dass auch sie die Situation traurig macht.

(fw)