Freiburgs Polizeipräsident hat die Festnahme eine kriminalistische Meisterleistung genannt:
Dass die Sonderkommission "Erle" am Freitag einen dringend Tatverdächtigen im Fall der vergewaltigten und getöteten Joggerin Carolin G. aus Endingen festnehmen konnte, ist vor allen Dingen grenzüberschreitender Polizeiarbeit zu verdanken. Nur dank der gemeinsamen Ermittlungen mit den österreichischen Kollegen konnte es Polizei und Staatsanwaltschaft in Südbaden gelingen, den Fall aufzuklären.
Über das sichergestellte Tatwerkzeug der Bluttat, einer Eisenstange für das Anheben von Lastwagen-Fahrerkabinen, war klar geworden, dass es sich um einen Serientäter handeln könnte. Bereits im Januar 2014 ist zuvor die französische Austauschstudentin Lucille K. mit so einer Stange in Kufstein erschlagen worden. In einem Fluss hatten die Ermittler diese dann auch anschließend gefunden. Obwohl der Regen in beiden Fällen fast alle Spuren weggewaschen hatte, ließen sich an den Tatorten Reste von Genmaterial sicherstellen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit stammten diese vom selben Täter.
LKW-Mautdaten, Mobilfunkauswertung und DNA-Treffer belasten den Lastwagenfahrer
Schnell haben sich die Ermittlungen auf die Fernfahrerbranche konzentriert. Über eine extrem aufwändige und akribische Auswertung tausender Mautdaten von den österreichischen Autobahnen konnte das Feld der Verdächtigen nach und nach per Ausschlussverfahren eingeschränkt werden. Gleichzeitig haben die Ermittler sämtliche Speditionen in der Region angeschrieben und die Alibis ihrer Mitarbeiter überprüft. Auch das genaue Fabrikat der Eisenstange konnte einem bestimmten Lastwagen-Typ zugeordnet werden.
Am vergangenen Mittwoch kam hier der entscheidende Hinweis, genau ein Tag bevor die Sonderkommission verkleinert und zu einer Ermittlungsgruppe herabgestuft wurde: Ein Fahrer aus dem Großraum Breisgau mit rumänischen Wurzeln hat sich nach Angaben seines Arbeitgebers zur Tatzeit im Großraum Endingen aufgehalten. Er fuhr einen passenden LKW und Zeugen hatten in den Reben ein verdächtiges Auto gesehen, das dem Privatfahrzeug des Mannes sehr ähnelt. Außerdem konnten die Ermittler über Telekommunikationsdaten nachweisen, dass er während des Verschwindens von Carolin G. mit seinem Handy in einer Mobilfunkzelle ganz in der Nähe eingeloggt war.
Dann ging es Schlag auf Schlag: Noch am Freitag haben die Ermittler den 40-jährigen Lastwagenfahrer an seinem Arbeitsplatz bei einem südbadischen Speditionsunternehmen festgenommen. Er war als Zeuge zunächst zu einer Speichelprobe bereit gewesen. Unter Hochdruck hat das Landeskriminalamt diese im Labor ausgewertet und einen Treffer entdeckt:
Es hat sich um den gleichen genetischen Fingerabdruck gehandelt, wie er an beiden Tatorten in Endingen und Kufstein bruchstückhaft zurückgelassen wurde. Am Samstag hat der zuständige Ermittlungsrichter dann auf Antrag der Staatsanwaltschaft Haftbefehl erlassen. Diese wirft dem Festgenommenen Mord und Vergewaltigung vor. Der Lastwagenfahrer streitet die Vorwürfe in der Untersuchungshaft ab und schweigt ansonsten bislang. Die weiteren Ermittlungen gegen ihn laufen.
Zwei separate Mordprozesse in Österreich und Südbaden
Als rumänischer Staatsbürger können ihn die deutschen Ermittler allerdings nicht für den möglichen Mord an Lucille K. in Kufstein vor ein deutsches Gericht bringen. Umgekehrt kann der Verdächtige wegen der geltenden Gesetzeslage auch nicht in Österreich für die Bluttat von Endingen belangt werden.
Nach Auskunft der Freiburger Staatsanwalt kommen daher zwei separate Gerichtsverfahren in beiden Ländern auf den Mann zu. Die Gerichte werden bei ihrer Urteilsfindung aber jeweils den anderen vorgeworfenen Sexualmord aus dem Nachbarland berücksichtigen, heißt es. Dem Mann droht somit bei einer Verurteilung in jedem Fall mindestens eine lebenslange Freiheitsstrafe - wenn nicht sogar zwei.
(fw)