Wer als Schweizer in Deutschland einkauft, soll sich bald deutlich weniger Mehrwertsteuer erstatten lassen können
Die Schweizer Politik möchte den bestehenden Einkaufstourismus über die Grenze nach Deutschland eindämmen. Auch die zweite Parlamentskammer hat am Mittwoch (22.09.2021) dafür gestimmt, dass der Freibetrag für mehrwertsteuerfreie Einkäufe deutlich nach unten geschraubt wird.
Anstatt 300 Franken sollen Schweizer Kunden in deutschen Geschäften künftig nur noch 50 Franken, also rund 46 Euro ausgeben dürfen, ohne dass dafür dann im Anschluss die Mehrwertsteuer fällig wird. Wann die Maßnahme in Kraft treten wird, lässt das Finanzministerium dabei noch offen.
Volkswirtschaftsdirektor Walter Schönholzer vom Kanton Thurgau sagte dazu beim Schweizer Sender SRF, es sei nicht vertretbar, dass ein Schweizer daheim beim Einkauf Mehrwertsteuer zahlt und beim schnellen Gang über die Grenze nicht.
Schweizer Staat könnte jedes Jahr 700 Millionen Franken mehr einnehmen
So gehe das aus seiner Sicht nicht weiter. Die Summe des kompletten Einkaufstourismus dreht sich um rund zehn Milliarden Franken im Jahr. Dem Schweizerischen Staat gehen dadurch bei der bisherigen Regelgung schätzungsweise 700 Millionen Franken Steuereinnahmen verloren.
Gleichzeitig erhoffen sich die Schweizer Politiker durch ihr Vorhaben eine Belebung der heimischen Wirtschaft. Schönholzer spricht vor diesem Hintergrund vor einem enormen Ladensterben, das es aufzuhalten gelte.
Tatsächlich kaufen viele Schweizer auch im Dreiländereck lieber im benachbarten Baden oder im Elsass ein und lassen sich bei den Einkäufen dann die gezahlte Mehrwertsteuer erstatten. Möglich ist das, weil die Schweiz kein Mitglied der EU ist.
Große Sorgen, dass nun der Handel auf badischer Seite schon bald unter einem drohenden Ausbleiben von Kunden aus der Schweiz leiden könnte, macht sich der Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee Claudius Marx nicht.
Vor allem niedrigere Preise und große Auswahl locken Schweizer Kunden bisher in die Geschäfte über der Grenze
Er bezeichnet das Vorhaben aus der Schweiz als natürlich nicht erfreulich für den Einzelhandel, aber auch keine Maßnahme, vor der man sich fürchten müsse. Marx geht davon aus, dass nicht nur die Mehrwertsteuer, sondern vor allem die große Produktvielfalt und die niedrigeren Preise für viele Waren in Deutschland für Schweizer Kunden attraktiv sind und sie deshalb auch weiterhin hier einkaufen werden.
Auch mit dem niedrigeren Freibetrag würde sich die Shoppingtour in Baden für die meisten Grenzgänger noch lohnen. Grenzregionen sollten Wettbewerb dieser Art daher zulassen, meint er.
Auf der anderen Seite würde die Schweiz davon profitieren, weil aus dem südlichen Baden-Württemberg jeden Tag rund 40.000 Arbeitskräfte ins Nachbarland pendeln. Diese Fachkräfte würden Deutschland fehlen, trotzdem werde dem kein Riegel vorgeschoben.
dpa / (fw)