Das Vorspiel
21. Dezember 1974: Am 18. Spieltag der 2. Liga Nord trifft Arminia Bielefeld auf den HSV Barmbek-Uhlenhorst. Hinter dem Tor, auf Block 3, steht der vierzehnjährige Frank und erlebt ein besonderes Zweitligaspiel, das ihm gut 40 Jahre später grinsend in Erinnerung kam, als die erste Hauptrunde des DFB-Pokals ausgelöst wurde und der SC Freiburg den HSV Barmbek-Uhlenhorst zugelost bekam. Block 3, das war auf der Bielefelder Alm damals das, was im Freiburger Schwarzwald-Stadion heute "Nord" ist. Der vierzehnjährige Frank war natürlich ich selbst, damals Dauergast auf Block 3 und völlig fasziniert von diesem Sport namens Fußball. Dass ich mich noch heute an den Kick erinnere hängt eng mit dem damaligen Mittelstürmer Volker Graul zusammen. In seiner aktiven Zeit so etwas wie ein Petersen für Arminia.
Ich weiß noch, dass Graus vom holländischen Club s'Hertogenbosch verpflichtet worden war. In einem DFB-Pokalspiel gegen den Erstligisten Kaiserslautern stand es 0:1. Es gab Eckball für Arminia. Während der Spielunterbrechung wurde Neuzugang Graul erstmals eingewechselt. Mit seiner ersten Ballberührung als Arminia-Profi köpfte der Schlacks den Ball zum 1:1 ins Tor. Seither war Volker Graul eine Zeit lang mein Held. Erst recht an jenem 21. Dezember gegen Barmbek-Uhlenhorst. Zur Pause stand es in einem eher müden Spiel 2:1 für die favorisierte Arminia. Nach dem Wechsel schraubte mein Heimatverein, damals mein Ein und Alles, das Ergebnis auf 7:1 (!). Alle fünf Tore nach dem Wechsel schoss mein Held Volker Graul. So etwas vergisst man sein Leben lang nicht; als Spieler nicht, aber auch als Fan nicht. Deshalb habe ich, wenn man so will, dem SC Freiburg eine persönliche Begegnung mit dem HSV Barmbek-Uhlenhorst voraus - der Sport-Club hat noch nie in seiner Geschichte gegen den Club aus Hamburg gekickt. Das eine Jahr zweite Liga Nord war sportlich gesehen ja auch der Gipfel der sportlichen Entwicklung der Hamburger, die heute ein eher bescheidenes Dasein in der Oberliga Nord führen.
Obwohl Barmbek mitten in Hamburg liegt und die BU-Verantwortlichen durchaus stolz sind, quasi der City-Club in Hamburg zu sein, findet das DFB-Pokalspiel gegen unseren SC Freiburg am Sonntagnachmittag um 14.30 Uhr in Norderstedt statt. Da passen 5.000 Zuschauer ins Stadion, die Sicherheitsauflagen des DFB werden erfüllt und der dort beheimatete Verein zahlt vermutlich auch ganz gut für die Verlegung des Spiels von Barmbek nach Norderstedt.
Wie immer sind wir mit baden.fm natürlich live am Ball, sodass eine knappe Woche nach der Tour nach München die lange Fahrt nach Hamburg bzw. Norderstedt ansteht. Meinen Sommerurlaub im WZO-Verlag, der eigentlich heute zu Ende geht, habe ich ich daher quasi bis Montagmittag verlängert. Morgen trete ich wieder zum Dienst an und kann ein paar drängende Dinge erledigen, um dann aber noch1,5 Urlaubstage plus Wochenende dranzuhängen. Morgen Abend um 18 Uhr geht es dann mit der kompletten Kernfamilie, also meiner Frau Yoani und den kleinen Kindern Ben und Amelie per Auto nach Frankfurt. Seit letztem Wochenende wohnt und arbeitet meine erwachsene Tochter Caroline in der Main-Metropole, die wir natürlich in ihrer neuen Umgebung besuchen wollen. In Frankfurt werden wir dann auch übernachten, bevor es am Freitagmorgen 330 km weiter nach Bielefeld geht. Auch hier steht die Familie im Mittelpunkt. Meine Eltern, beide Mitte 80, leben dort noch immer und erfreuen sich erfreulicher Weise bester Gesundheit. Zudem ist meine Schwester Elke aus Mexiko gerade zu Besuch. Einer der Gründe, warum ich mit Yoani und den beiden Kleinen auf die weite Reise gehe. Bis Sonntagmorgen bleiben wir in meiner Heimatstadt. Von Bielefeld bis in den Raum Hamburg sind es dann noch einmal 250 km. Im Stadion in Norderstedt habe ich für meine drei familiären Begleiter Sitzplatzkarten geordert (bevor einer fragt: gegen Bezahlung selbstverständlich).
Wenn ich Frau und Kinder gut platziert haben werde, kann ich mich dann um meine Arbeit für baden.fm kümmern - dafür bin ich schließlich da. Ich re jene nicht damit, dass BU zu einem Stolperstein für den Sport-Club wird. Oberliga gegen Zweitligaspitze, das ist schon ein großer Unterschied. Zwar können Mannschaften aus dem oberen Amateurbereich gegen Profis, wenn an besonderen Tagen vieles zusammenkommt, schon mal 60 oder 70 Minuten Paroli bieten, meistens brechen sie dann aber kräftemäßig ein. Pokaldeppen werden geboren, wenn beim Außenseiter alles stimmt und auch noch Glück dazu kommt und wenn beim Favoriten von vorne herein die innere Haltung nicht stimmt und dann alles schief läuft. Für Sonntag halte ich das, auch weil der Trainer Christian Streich heißt, für höchst unwahrscheinlich.
Auch die Tatsache, dass die neue Mannschaft sich nach dem großen personellen Umbruch noch selbst sucht und finden muss, spricht für top-motivierte Akteure - egal, ob Streich sich entscheidet , die Stammelf der ersten beiden Ligaspiele weiter "üben" zu lassen oder - womit ich persönlich rechne - einigen Jungs aus der momentan zweiten Reihe eine Chance gibt, wobei der Ausdruck "zweite Reihe" bei Spielern wie Klandt, Schuster, Guédé und Co. schon eigentümlich anmutet. Und wann soll Streich Talente wie Föhrenbach, Hufnagel oder Kleindienst denn im Wettkampf testen, wenn nicht in einem Pokalspiel bei einem Oberligisten? Ich glaube daher, dass sich am Sonntag personell einiges verschieben wird. Sorgen macht mir das aber absolut nicht.
Gleich nach dem Spiel geht es dann wieder auf die Autobahn. Bis nach Frankfurt, wo wir - wie schon am Donnerstag - ein Familienzimmer reserviert haben, müssen wir durchkommen. Die letzte Etappe der weiten Auswärtsreise soll dann am Montagvormittag bewältigt werden. Um 14 Uhr will ich dann endgültig wieder zum Dienstantritt im Verlag sitzen. Ich habe also viel vor in den nächsten Tagen und wünsche mir, dass der SC das mit einem klaren Sieg beim Barmbek-Uhlenhorst garniert. Warum nicht mit einem 7:1 und fünf Toren von Petersen, wie einst im Dezember '74 Arminia und Volker Graul?
Fortsetzung folgt...