Auch in Schopfheim und Villingen-Schwenningen je ein Objekt untersucht
Bei einer bundesweiten Razzia gegen ein IS-Finanzierungsnetzwerk sind auch sieben Beschuldigte im Südwesten im Visier der Ermittler. Inwiefern haben sie die Terrororganisation unterstützt?
Bei einer Groß-Razzia gegen ein Finanzierungsnetzwerk der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) hat die Bundesanwaltschaft auch sieben Objekte in Baden-Württemberg durchsuchen lassen. Wie ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart am Mittwoch sagte, wurden im Land unter anderem Privatwohnungen von sieben mutmaßlichen Unterstützern durchsucht. Eine Frau aus Ulm wurde festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. "Es wurden potenzielle Beweismittel sichergestellt, die nun ausgewertet werden." Es handle sich vor allem um elektronische Datenträger.
Je zwei Durchsuchungen im Auftrag der Bundesanwaltschaft fanden in Ulm und Karlsruhe statt, je eine in Esslingen, im südbadischen Schopfheim und in Villingen-Schwenningen. Im letzten Fall gab es Zeitungsberichten zufolge eine Razzia in einer Moschee. Nach dpa-Informationen gibt es bislang aber keinen Hinweis auf Verbindungen zu Funktionsträgern der Moschee. Das Gotteshaus wurde demnach durchsucht, weil ein mutmaßlicher Unterstützer dort übernachtet haben soll.
Die Ermittler gehen davon aus, dass Gelder bis zu einem niedrigen vierstelligen Bereich flossen. Mit Hilfe der sichergestellten Datenträger wollen sie herausfinden, wohin das Geld ging und ob der Tatvorwurf der Spende für den IS belegt werden kann.
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte: "Der islamistische Terror ist und bleibt brandgefährlich. Deshalb haben wir die islamistische Szene bei uns im Land genau im Blick." Er kündigte ein hartes und konsequentes Vorgehen gegen jede Art von Extremismus an. Entscheidend im Kampf gegen den internationalen Terrorismus sei eine intensive Zusammenarbeit der Behörden auf Landes- und Bundesebene.
Der rechtspolitische Sprecher der Landtags-FDP, Nico Weinmann, betonte: "Von deutschem Boden aus darf kein Terrorismus finanziert werden." Die Infrastruktur extremistischer Organisationen müsse deshalb bekämpft und zerschlagen werden.
Durchsuchungen gab es am Mittwoch neben Baden-Württemberg auch in Berlin, Bayern, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und in den Niederlanden. Bundesweit durchsuchten 1000 Kräfte des Bundeskriminalamts, der Landeskriminalämter sowie der betroffenen Länder mehr als 100 Objekte.
Sieben Beschuldigte - vier Frauen und drei Männer - wurden bundesweit festgenommen, darunter die Frau aus Ulm. Sie sollen als Finanzmittler in das Netzwerk eingebunden gewesen sein. "Durch ihr Sammeln von Spenden und deren Weiterleitung an den IS nahmen sie eine zentrale Rolle innerhalb des Finanzierungsnetzwerkes ein", so die Bundesanwaltschaft. Das Geld soll insbesondere der Verbesserung der Versorgungslage von Anhängern des IS gedient haben, die in den syrischen Lagern Al-Hol und Roj festgehalten werden, sowie der Flucht oder Schleusung aus den Lagern.
Die oberste Anklagebehörde Deutschlands wirft den Beschuldigten - überwiegend deutscher, aber auch kosovarischer, marokkanischer und türkischer Staatsangehörigkeit - in erster Linie Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland vor. Weiteren Beschuldigten werfen die Ermittler Geldzahlungen an das Finanzierungsnetzwerk zugunsten des IS vor.
Seit 2020 hätten zwei Anhängerinnen des IS von Syrien aus über den Online-Dienst Telegram für Geldzahlungen geworben, teilte die Bundesanwaltschaft weiter mit. "In das Netzwerk eingebunden waren Finanzmittler, die Gelder sammelten und Konten oder digitale Spendenkassen zur Verfügung stellten." Das gesammelte Geld sei an IS-Mitglieder in Syrien oder an von dort benannte Mittelsleute transferiert worden - insgesamt mindestens 65.000 Euro. Die Zahlungen dienten den Angaben zufolge dazu, den IS zu stärken.
Der IS kontrollierte über Jahre große Gebiete im Bürgerkriegsland Syrien und im benachbarten Irak. Im Juni 2014 rief er ein sogenanntes Kalifat aus und reklamierte seinen Führungsanspruch im globalen Dschihad. Die Hochphase endete laut dem Verfassungsschutz 2016. Mittlerweile haben die Extremisten ihr Herrschaftsgebiet wieder verloren. IS-Zellen sind aber in beiden Ländern weiter aktiv.
Seit Anfang Januar 2014 können gemäß Strafgesetzbuch Taten von Mitgliedern oder Unterstützern des IS, die deutsche Staatsbürger sind, sich in Deutschland aufhalten oder hier tätig werden, strafrechtlich verfolgt werden. Das Innenministerium erließ ferner am 12. September 2014 ein Betätigungsverbot für den IS in Deutschland. Dieses umfasst unter anderem jegliche Beteiligung in sozialen Medien und Demonstrationen zugunsten des IS und jede Art von Unterstützungshandlung wie das Einwerben von Geld und Material sowie das Anwerben von Kämpfern. Diese Handlungen sind seither strafbar.
(dpa)