© Bernd Weißbrod / dpa

Prozess gegen „Reichsbürger“ wegen versuchten Mordes hat begonnen

Der Angeklagte soll einen Polizisten absichtlich angefahren und schwer verletzt haben

Am Oberlandesgericht Stuttgart hat am Montagmorgen (14.11.2022) ein Prozess gegen einen mutmaßlichen "Reichsbürger" aus dem Landkreis Lörrach begonnen. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm versuchten Mord vor. Der 62-Jährige soll am 7. Februar 2022 in Efringen-Kirchen einen Polizisten absichtlich angefahren haben. Er soll alkoholisiert in eine Verkehrskontrolle geraten sein. Anstatt anzuhalten, soll er Gas gegeben haben und einen Polizisten frontal angefahren haben. Obwohl der Beamte auf der Motorhaube lag, soll er weiter beschleunigt und zur Seite gelenkt haben. Der Polizist stürzte auf die Straße und erlitt schwere Kopfverletzungen. Der Fahrer ergriff zunächst die Flucht, wurde aber nach einer Verfolgungsjagd festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Bundesanwaltschaft hatte Verfahren übernommen

Wegen der "besonderen Bedeutung des Falles" hatte die hauptsächlich für Terror-Ermittlungen zuständige Bundesanwaltsch das Verfahren im Juni 2022 übernommen. Wenige Wochen später kündigte Generalbundesanwalt Peter Frank an, er wolle Fälle aus der Szene in Zukunft häufiger an sich ziehen. Die Anhänger seien zunehmend gewaltbereit und setzten auch Schusswaffen ein. Der Angeklagte leugnet nach früheren Angaben der Bundesanwaltschaft die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und erkennt hoheitliche Befugnisse ihrer Repräsentanten nicht an. Die Flucht bei der Kontrolle hatte er nach Überzeugung der Bundesanwälte "aus dieser Gesinnung heraus" angetreten. "Dabei nahm er in Kauf, den Polizisten auch tödlich zu verletzen", hieß es bei der Anklageerhebung im September 2022.

Landesinnenminister Strobl verurteilt die Tat

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) nannte die vorgeworfene Tat "absolut perfide und abscheulich". Ein unvermittelter, mutmaßlich zielgerichteter und brutaler Angriff auf das Leben eines Polizisten sei auch ein Angriff auf eine freie, demokratische Gesellschaft.

Polizistinnen und Polizisten halten tagtäglich ihren Kopf für unser aller Sicherheit hin. Gerade deshalb ist es wichtig, dass sich der mutmaßliche Täter dafür jetzt auch vor Gericht verantworten muss." Landesinnenminister Thomas Strobl

Laut dem Verfassungsschutz gehören etwa 3.300 Menschen dieser Szene in Baden-Württemberg an. "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" leugnen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und ihres Rechtssystems, sprechen Politikern und Staatsbediensteten die Legitimation ab und verstoßen immer wieder gegen Gesetze.

(dpa/rg)