Über zwei Jahre hinweg musste der Schüler ein Martyrium durchleben, bis die Ermittler den Missbrauch aufdecken konnten
Sie sollen den damals 9-jährigen Sohn über Jahre hinweg missbraucht und ihn im Internet gegen Geld an mutmaßliche Pädophile für Vergewaltigungen angeboten haben. Dafür müssen die Mutter (48 Jahre) für 12,5 Jahre und der Stiefvater des Kindes aus Staufen für 12 Jahre ins Gefängnis. Das hat das Freiburger Landgericht am Dienstagmorgen (07.08.2018) nach einem langen und aufwändigen Prozess entschieden. Bei dem 39 Jahre alten, einschlägig vorbestraften Mann haben sich die Richter außerdem für eine anschließende Sicherungsverwahrung ausgesprochen.
Anwältin des Stiefvaters hatte ebenfalls Sicherungsverwahrung gefordert
Mit dem Urteil folgt das Gericht in weiten Teilen den Forderungen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage. Die Ankläger hatten für die Frau vierzehneinhalb Jahre Haft und für den Mann dreizehneinhalb gefordert; auf den ausdrücklichen Wunsch seiner Verteidigerin hin auch mit anschließender Sicherungsverwahrung. Insgesamt ging es um über sechzig unterschiedliche Übergriffe, darunter auch ein weiterer Missbrauch eines dreijährigen Mädchens.
Insgesamt haben die Ermittler acht mutmaßliche Peiniger des Jungen aus Staufen ausfindig gemacht und auf die Anklagebank gebracht. Sie sollen über den persönlichen Kontakt zum Stiefvater oder über das Darknet mit der Familie Kontakt aufgenommen haben, um sich an ihm vergehen zu können. Kinderpornografische Aufnahmen des Missbrauchs zeigen verstörende Vergewaltigungen, Erniedrigungen, Misshandlungen und Beschimpfungen. Nach Angaben des Landeskriminalamts habe es in Baden-Württemberg noch nie einen Fall diesen Ausmaßes gegeben, der die Ermittler so sehr an ihre Grenzen gebracht hat.
Kind gegen Geld an Straftäter verkauft
Der als möglicher Hauptdrahtzieher angeklagte Stiefvater hatte im Laufe der Gerichtsverhandlungen mit der Justiz zusammengearbeitet und als eine Art Kronzeuge in den anderen Prozessen entscheidende Aussagen geliefert.
Die Rolle der Mutter blieb bis zuletzt schwierig einzuschätzen. Ein psychiatrischer Gutachter hatte ihr attestiert, dass sie kaum in der Lage ist, Mitgefühl zu empfinden. Ihrem Freund hörig soll sie aber nicht gewesen sein, sondern durchaus eigene Entscheidungen getroffen haben. Dabei sei sie bereit gewesen, ihre eigenen Interessen vor die ihres Kindes zu stellen und den Jungen dafür zu opfern.
Auf Gerichtsbeobachter sollen beide einen sozial verwahrlosten Eindruck gemacht haben. Das Kind lebt inzwischen bei einer Pflegefamilie, nach den Worten seiner Anwältin geht es ihm den Umständen entsprechend gut. Die Justiz hatte ihm eine persönliche Aussage vor Gericht erspart.
Mögliche Behördenfehler sollen aufgearbeitet werden
Mit dem Urteil geht nun die juristische Aufarbeitung der grausamen Übergriffe auf den heute 10-Jährigen zu Ende. Doch die Behörden wird der aufgedeckte Missbrauchsfall aus Staufen noch länger beschäftigen. Im Laufe der Ermittlungen waren hier teils mögliche Versäumnisse von Familiengerichten, Jugendamt und anderen Ämtern ans Tageslicht gekommen. Die einzelnen Stellen haben offenbar aneinander vorbei gearbeitet, ohne ihre vollen Informationen auszutauschen.
So war den Entscheidungsträgern entgangen, dass mit dem Stiefvater ein vorbestrafter Pädophiler unter einem Dach mit dem Jungen lebte. Das richterlich angeordnete Kontaktverbot haben sie nicht weiter überwacht.
Außerdem soll das Jugendamt die ersten Hinweise der Schule auf den Missbrauch als zu vage eingestuft haben. Die Aufarbeitung der Fehler läuft, auf Landesebene wurde dazu ebenfalls eine Arbeitsgruppe eingerichtet.
(fw)