Durch Deutschlands Fußballverbände ging am Wochenende ein regelrechtes Beben
Die Landes- und Regionalverbände haben DFB-Präsident Fritz Keller nach seinem vorangegangenen Nazi-Vergleich das Vertrauen entzogen.
Das haben sie am Sonntagnachmittag (02.05.2021) nach dem Krisengipfel des Verbands in Potsdam verkündet und den 64-jährigen Südbadener zum Rücktritt aufgefordert. Zur Begründung heißt es:
Eine derartige Äußerung ist völlig inakzeptabel und macht uns fassungslos. Die Regional- und Landesverbände des DFB stehen für eine demokratische, tolerante und vielfältige Gesellschaft. Die Äußerung des Präsidenten ist mit den Grundsätzen und Werten der Verbände nicht vereinbar.
Mit 26 Ja-, neun Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen fiel die Abstimmung über diesen Schritt relativ eindeutig aus. Auch DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius steht vor dem gleichen Schicksal wie Keller. Auch ihm sprechen die Landeschefs ihr Misstrauen aus. Beide haben sich eine kurze Bedenkzeit erbeten, bevor die nächsten Schritte schon in Kürze folgen könnten.
Koch geht vermutlich gestärkt aus dem Machtkampf an der DFB-Spitze hervor
Als großer Gewinner dürfte aus dem Machtkampf beim Deutschen Fußballbund hingegen der Vizepräsident beim DFB und Chef des Bayerischen Fußballverbands Rainer Koch hervorgehen. Ihm haben die Landesvertreter bei der Vertrauensfrage den Rücken gestärkt - nicht geschlossen, aber trotzdem mehrheitlich.
Hintergrund des ganzen Geschehens war offenbar eine abwertende Äußerung des früheren SC-Freiburg-Präsidenten Fritz Keller im Rahmen einer Präsidiumssitzung beim DFB Ende April: Dort soll er Koch als "Freisler" bezeichnet und ihn so mit Roland Freisler verglichen haben, dem Vorsitzenden des Volksgerichtshofes im Nationalsozialismus. Dieser war in seiner Amtszeit für über 2600 Todesurteile verantwortlich, denen auch die Hitler-Attentäter und Geschwister Hans und Sophie Scholl zum Opfer fielen.
Auslöser des Vergleichs soll für Keller eine Rede von Koch bei der Sitzung gewesen sein. Über den genauen Zusammenhang gibt es bislang jedoch keine gesicherten Informationen.
Während der öffentliche Druck auf den DFB in den letzten Tagen massiv gestiegen war, hatte Keller Koch um Entschuldigung gebeten und sein Fehlverhalten bei der Äußerung auch öffentlich als "gänzlich unangebracht" eingeräumt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll sich Koch diese Entschuldigung auch angehört, aber sie entgegen erster Meldungen bislang nicht angenommen haben.
Keller stand bis zuletzt noch für eine Neuanfang
Die Verbandsspitze beim DFB gilt schon seit längerer Zeit als zerstritten. Seit Monaten stehen sich die Lager um Keller und Curtius scheinbar unversöhnlich gegenüber. An der Basis hatte das zuletzt für großen Unmut gesorgt. Vertreter der Landes- und Regionalverbände hatten vor der Krisensitzung jetzt am Wochenende auch schon einen Protestbrief verfasst.
Der Fußballfunktionär, Kaiserstühler Winzer und Spitzengastronom Keller war im September 2019 einstimmig von seiner Position an der Spitze des Sport-Clubs zum neuen DFB-Präsidenten berufen worden. Er galt dort bis vor dem Eklat immer als besonders glaubwürdige Figur und stand für einen Neuanfang in der teils schwierigen jüngsten Geschichte des Deutschen Fußball-Bundes.
dpa / (fw)