Internetnutzer bedrohen das Freiburger Stadtoberhaupt und seine Familie
Nach den Morddrohungen an Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos) bezieht der evangelische Stadtdekan Markus Engelhardt klar Stellung und fordert dagegen einen "Aufstand der Anständigen". Er bezeichnet die Online-Angriffe auf einen demokratisch gewählten Repräsentanten der Bürgerschaft als feige und als Gegenteil dessen, was die Tradition des christlichen Abendlandes eigentlich ausmacht.
Aus seiner Sicht ist es beschämend und alarmierend, dass sich die Verfasser der Drohungen selbst als besorgte Bürger bezeichnen und bei ihrem Vorgehen von einer Verteidigung christlicher Werte sprechen. Engelhardt kritisiert dabei, dass sie Horn unter der Anonymität des Netzes durch die Androhung von Gewalt offenbar mundtot machen möchten. An die Freiburger Bürger wendet er sich daher mit einer konkreten Forderung:
Alle demokratischen Kräfte in Freiburg, in den Parteien und in der Zivilgesellschaft, müssen zusammenstehen und gemeinsam die offene, liberale Bürgergesellschaft, die Freiburg so lebens- und liebenswert macht, gegen ihre Feinde verteidigen.
Horn hatte sich am Freitag nach einer regelrechten Flut massiver Verbalattacken dazu entschlossen, seine Profile auf Instagram und Twitter vorübergehend zu deaktivieren. Nur seinen Facebook-Account ließ der 33-Jährige weiter aktiv. Dort erreicht er nach eigener Aussage die meisten Menschen.
Weitere Maßnahmen für die Sicherheit in Freiburg beschlossen
Hunderte User, darunter sehr viele weit außerhalb von Südbaden, hatten ihn in den sozialen Netzwerken für sein Statement nach der mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung einer 18-jährigen Diskobesucherin aus Freiburg scharf kritisiert. Einige dabei sollen ihm und auch seiner Familie Gewalt oder sogar den Tod angedroht haben.
Horn hatte sich nach dem Gewaltverbrechen entsetzt über die Straftat gezeigt und als Reaktion mehr Polizei für Freiburg gefordert, gleichzeitig aber auch vor pauschalen Verurteilungen von Flüchtlingen gewarnt. Seine Haltung: Es dürfe in der Stadt keinen Raum für solche Verbrechen geben und gleichzeitig auch keinen für Hetze gegen Unbeteiligte.
Bereits am Mittwoch hat sich Horn mit Polizeipräsident Bernhard Rotzinger und Staatssekretär und Ex-Regierungspräsident Julian Würtenberger (CDU) getroffen, um konkrete Maßnahmen zu beraten, wie sich das angeschlagene Sicherheitsgefühl wiederherstellen lässt. Die Ergebnisse aus dem Gespräch sollen in den nächsten Tagen bekannt werden.
Mindestens acht mutmaßliche Vergewaltiger
Hauptverdächtiger in dem Fall ist ein 21-jähriger Geflüchteter aus Freiburg. Er soll die Jugendliche Mitte Oktober bei einem Diskobesuch im Industriegebiet-Nord vermutlich mit Drogen gefügig gemacht und sie dann gemeinsam mit mindestens sieben weiteren Bekannten in einem Gebüsch vergewaltigt haben. Alle sitzen inzwischen in Untersuchungshaft. In einzelnen Medienberichten war sogar die Rede von bis zu 15 mutmaßlichen Tätern.
Wegen anderer Delikte hatte die Staatsanwaltschaft bereits einen Haftbefehl gegen den potenziellen Drahtzieher beantragt. Noch bevor die Polizei diesen vollstrecken konnte, ist es zu dem schweren sexuellen Übergriff auf die 18-Jährige gekommen.
Pressekonferenz der Ermittler könnte neue Details hervorbringen
Warum die Ermittler ihn nicht früher verhaften konnten, dazu gibt es bisher zwei unterschiedliche Angaben: Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) nannte "ermittlungstaktische Gründe", die Freiburger Staatsanwaltschaft meinte, die Polizei musste erst noch den genauen Aufenthaltsort des Verdächtigen herausfinden und den Zugriff vorbereiten.
Für den Freitag (02.11.2018) haben die Ermittler weitere Einzelheiten zu dem Fall bei einer Pressekonferenz angekündigt, von der baden.fm zeitnah berichten wird.
(fw)