Für manche Familien droht der Schulanfang ihrer Kinder ein Loch in den Geldbeutel zu reissen
Wenn am Mittwoch (11.09.2019) auch in Südbaden wieder flächendeckend die Schule nach den Sommerferien losgeht, sind auch in diesem Jahr wieder tausende Erstklässler in der Region am Start. Doch nicht jede Familie hier kann sich zur Einschulung ihrer Kinder eine prall gefüllte Schultüte leisten. Je nach kulturellem Hintergrund ist der Brauch bei manchen Eltern auch gar nicht bekannt.
Um auch angehenden Grundschülern aus benachteiligten oder bedürftigen Familien einen möglichst guten Schulstart zu ermöglichen, möchte ihnen in Freiburg die Angell-Schulstiftung gemeinsam mit den Freiburger Tafeln unter die Arme greifen. Denn nicht jeder kann sich die errechneten 65 Euro leisten, die eine durchschnittliche Erstausstattung für die ABC-Schützen kosten soll. Hinzu kommen auf der Kostenseite außerdem häufig noch teurere Anschaffungen wie Schulränzen und Ähnliches.
Über bei einer Aktion gesammelte Spenden von Unterstützern haben sich Stiftung und Tafeln um eine Erstausstattung für rund 100 Schüler aus der Region gekümmert. Dazu gehören beispielsweise Malkästen, Stundenpläne, Hausaufgabenhefte, Gutscheine für weiteres Schreibmaterial, sowie auch kleinere Süßigkeiten für die Unterrichtspausen.
Damit die Sachspenden auch in der richtigen Form bei den betroffenen Kindern ankommen, haben sich außerdem die Grundschüler am Montessori Zentrum Angell ins Zeug gelegt. Sie haben während der Nachmittagsbetreuung in Handarbeit hundert kunterbunte Schultüten gebastelt - mal mit Auto-Motiven drauf, mal mit Dschungel und Dinos oder auch klassisch mit Zahlen, Buchstaben und Stift-Symbolen.
Unterstützung für den Schulstart, aber auch Beteiligung und Aufmerksamkeit
Die ersten Fertigen hat Stiftungs-Vorstandsvorsitzende Antoinette Klute-Wetterauer am Freitag (06.09.2019) zusammen mit Tafel-Trägervereinsvorstand Annette Theobald (die gleichzeitig auch Stiftungsrätin ist) hinter dem Tafelladen in der Schwarzwaldstraße die Erstklässler der berechtigten Familien überreicht.
Für die beiden Organisatorinnen ist die Aktion deutlich mehr als bloß eine reine Materialspende: Da viele Kinder ohne Schultüte bereits am ersten Schultag unbewusste Ausgrenzung erleben oder offenes Schamgefühl empfinden, soll die Geste ihnen auch soziale Teilhabe ermöglichen.
Auch die Kleinen, die sonst vielleicht bereits öfter im Leben zurückstecken mussten, dürfen hier einmal Aufmerksamkeit erfahren und mit Freude im Mittelpunkt stehen, so Klute-Wetterauer.
Für einige Familien mit Migrationshintergrund sei die Schultüte darüber hinaus auch ein gelebtes Stück Integration, findet Theobald. Umgekehrt lernen die anderen Grundschüler beim Basteln und Befüllen der Schultüten, was es bedeutet, zu teilen und sich für andere sozial einzusetzen, die weniger haben, so das Fazit.
"Kein Kind ohne Schultüte" auch in Müllheim
Eine wohltätige Aktion, die in der Praxis scheinbar auch direkt Anklang findet. Nach wenigen Minuten bildet sich bei der Ausgabe der Schultüten bereits eine Menschentraube um das Rückgebäude des Freiburger Tafelladens. Kinder stehen mit leuchtenden Augen in der Warteschlange, um sich später an der Reihe dann eine der bunten Tüten selbst auszusuchen.
Ihre Eltern machen im Anschluss sichtbar stolz die ersten Fotos - nur ausgepackt wird natürlich erst zum Schulstart in der kommenden Woche. Und bis dahin sollen nicht nur Erstklässler in Freiburg, sondern auch weitere bei der Tafel in Müllheim von dem Projekt profitieren.
fw