Winfried Kretschmann, Ministerpräsident, Landtag, © dpa

Die Landesregierung informiert über Corona-Lage in Baden-Württemberg

Keine Lockerung der Regelungen in Sicht, Beschaffung von Schutzausrüstung und Beatmungsgeräten in "Wild-West-Manier"

In einer Video-Pressekonferenz informierten Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), Landesinnenminister Thomas Strobl und Landesgesundheitsminister Manne Lucha am Dienstag über die neuen Entwicklungen im Umgang mit der Corona-Krise. Die beschlossenen Maßnahmen der sozialen Distanz zu lockern komme noch nicht in Frage, sind sich die Minister einig. Noch immer befände man sich am Anfang der Krise. Derweil werde es immer schwieriger, Masken und Schutzausrüstung zu beschaffen.

Eine Welle von Erkrankten rollt auf uns zu."

"Die Lage ist unverändert ernst", lautet der eindringliche Appell des Ministerpräsidenten am Dienstag. Noch immer stehe Europa am Beginn der Corona-Pandemie. "Experten sagen, dass in der kommenden Woche eine Welle von Erkrankten auf uns zurollt", warnte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Dienstagmittag eindringlich vor einer Lockerung der Maßnahmen, die die baden-württembergische Landesregierung beschlossen hat und die vorerst bis Mitte Juni gilt - mit der Möglichkeit, vorzeitig widerrufen zu werden. Wie gut die Maßnahmen wirken, sei frühestens in zwei Wochen absehbar. Zuvor sei jede Diskussion, zur Normalität zurück zu kehren, nicht zielführend. Das Ziel, die Schulen ab 19. April wieder zu öffnen, wurde derweil nicht nach hinten korrigiert.

Kampf um Schutzkleidung, Masken, Beatmungsgeräte

Während die Kapazitäten in den Krankenhäusern weiterhin ausreichten, gestalte sich die Beschaffung von Schutzkleidung und Beatmungsgeräten immer schwieriger, berichtet Gesundheitsminister Lucha: "In den letzten Tagen haben wir zunehmend Mittel beschaffen können", so der Minister, der eine Größenordnung von 30 Millionen Schutzmasken nennt. "Es ist ein bisschen wie Wild West." Eine Task Force arbeite mit Hochdruck an der Beschaffung. "Wir stehen hier in brutalem Konkurrenzkampf mit dem Rest der Welt", ergänzt der Ministerpräsident. "Und der verläuft nicht immer fair."

Kretschmann erwartet, dass das Gesundheitssystem in den kommenden Wochen an seine Belastungsgrenze kommen wird. "Ob es das nicht übersteigt, hängt damit zusammen, ob wir die Verbreitung gebremst bekommen." Dass die Zeitspanne, in der sich die Fallzahlen verdoppeln, von drei auf fünf Tage gewachsen sei, sei ein gutes Zeichen - jedoch kein Grund zur Entwarnung.

"Fragen zur Lockerung der Regelungen verbieten sich", so Kretschmann. "Im Gegenteil: Es ist ganz wichtig, dass sich alle daran halten." Verstöße könnten nicht geduldet werden und würden verstärkt kontrolliert - gerade am Wochenende - und bestraft, kündigt der Ministerpräsident an.

Keine Mundschutzpflicht

Eine Mundschutzpflicht beim Einkaufen, wie sie Österreich nun einführt, sehe man beim Land noch nicht - wohl aber eine Empfehlung. Auch eine Ausgangssperre - sprich eine Verschärfung der Verordnungen - sei derzeit nicht angedacht.

Neben den Regeln für zwischenmenschliche Kontakte hätten schnelle Wirtschaftshilfen oberste Priorität. Anträge würden so schnell wie möglich bearbeitet, um "mit aller Kraft eine Insolvenzwelle zu verhindern." Auch Landwirte könnten ab kommender Woche Hilfen erhalten. Darüber hinaus habe das Land ein 100 Millionen Euro schweres Hilfspaket für Familien geschnürt, unter anderem um Kita- oder Schulgebühren zu bezahlen.

Handydaten zur Überprüfung erkrankter Personen diskutiert

Die Erhebung von Handydaten zur Verfolgung infizierter Personen und deren Kontakten hält Innenminister Strobl für sinnvoll. Zunächst solle es jedem Bürger freigestellt werden eine entsprechende App auf seinem Mobiltelefon zu installieren. "Wir müssen wissen, mit welchen Menschen Corona-Patienten Kontakt hatten und diese Menschen warnen können. Gleichzeitig sei es wichtig, solchen Methoden nicht in Normalzeiten Tür und Tor zu öffnen. "Da muss es einen klaren Schnitt geben – auch in anderen Bereichen müssen die Eingriffe in die Grundrechte nach der Krise wieder zurückgefahren werden."

(br)