Man sagt, dass die Amerikaner Gewinner mögen. Stimmt nicht, zumindest nicht bei einem Jungen, dem gar nichts gelingt. Charlie Brown ist eine der bekanntesten Comicfiguren nicht nur Amerikas, sondern der Welt. Jetzt wird der Ruheständler 65 Jahre alt.
Charles Monroe Schulz, der Sohn eines Deutschen, hatte immer gern gezeichnet, am liebsten seinen Hund Spike. Er machte einen Comic namens «Li'l Folks» daraus, und seine Heimatzeitung in Minnesota druckte ihn sogar. Einer dieser «kleinen Leute» war ein Junge mit großem Kopf und weißem T-Shirt, der immer verlor: Charlie Brown. Doch diese «Geschichte großen amerikanischen Misserfolgs» (Schulz) hatte Potenzial. Und so bekam Charlie am 2. Oktober 1950 seinen eigenen Comicstrip.
Der große Kopf war übrigens zum Anfang noch größer. Aber Schulz änderte das, färbte auch das T-Shirt gelb und verpasste ihm einen schwarzen gezackten Streifen. Derzeit sieht man solche Hemden wieder in den USA in den Läden liegen. Es ist bald Halloween, und leichter kann man sich nicht in eine Person verwandeln, die wirklich jeder kennt.
Dazu braucht man eigentlich ja noch den kugelrunden Kopf mit dem Haarkringel. Das war Schulz' Spezialität: Mit ein paar Federstrichen lässt sich eine Figur skizzieren, die in Dutzenden Ländern sofort erkannt wird. In Deutschland ging das so weit, dass der Name der Comicstrips, «Peanuts», gar nicht erst verwendet wurde. Es war einfach «Charlie Brown». In Frankreich diente er sogar als Namenspate für die Satirezeitschrift «Charlie Hebdo». Und Hans Blum («Im Wagen vor mir fährt ein junges Mädchen») sang sich 1959 sogar in die Charts mit «Das ist ein Clown, der Charlie Brown. Ja, wenn der Lehrer spricht, wer hört gar nicht hin?»
Aber der Lehrer spricht ja gar nicht. Wie überhaupt Erwachsene nicht zu Wort kommen. In den Comics kommen sie gar nicht erst vor, in den Filmen ist ihre Stimme das Quäken einer Posaune. Die Helden sind die Kinder - die allerdings wie Erwachsene agieren. Das tut auch der heimliche Star, der zwei Tage nach Charlie auftauchte: Snoopy, der coole Beagle, der am liebsten auf dem Dach seiner Hundehütte liegt und von dort auch mal die Luftkämpfe des Ersten Weltkriegs nachträglich ausficht.
Aus den Comics wurden Filme, und die verkauften sich vor allem in den Sechzigern und Siebzigern wie von selbst. Charlie Brown und Snoopy wurden zu einem Stück Kulturgut. Und nicht zuletzt zu einem Markenartikel. Mit «Peanuts»-Kram könnte man eine ganze Wohnung einrichten. Nicht nur auf der Erde: Als im Mai 1969 Apollo 10 den Mond für die Landung der ersten Menschen zwei Monate später erkundete, hatte das Raumschiff das Rufzeichen «Charlie Brown». Die Mondfähre hieß «Snoopy». The Beagle has landed.
Kritiker sagten, dass der Tiefgang der ersten Jahre zuletzt verlorenging. Ein Erfolg blieben sie dennoch, bis zum 13. Februar 2000. Es war ein Sonntag, und da sind die Comics immer größer und bunt. Bei «Peanuts» - das steht im Amerikanischen auch für «Kleinigkeiten» und gab der Serie ihren Namen - waren da ein paar Bilder der Helden zu sehen und ein paar persönliche Zeilen von Charles M. Schulz, der sich bei seinen Fans bedankte. Und verabschiedete. Am Tag zuvor war er im Alter von 77 Jahren gestorben.
Schulz hatte jeden Strip selbst gezeichnet. Nach seinem Tod sollte niemand seine Arbeit fortsetzen. Doch seit drei Jahren gibt es den Strip wieder, von zwei anderen Autoren. In einem der letzten passierte es wieder: Lucy zieht im letzten Moment den Ball weg und Charlie Brown fällt auf die Nase. Wie jedes Mal. Er ist eben doch ein Verlierer.