An dem angeblich beschlossenen Null-Euro-Ticket ist in Wirklichkeit bisher nichts dran
In mehreren Großstädten sind Plakate aufgetaucht und online haben unbekannte Aktivisten kurzerhand eine komplette Ministeriums-Webseite nachgebaut. Während die Ampel-Koalition seit Dienstag (30.08.2022) über ein mögliches weiteres Entlastungspaket für die Bürger diskutiert, hat sich speziell in den sozialen Netzwerken gleichzeitig die Meldung über ein vermeintliches "Null-Euro-Ticket" verbreitet.
Doch anders als es in dem verlinkten Text den Eindruck vermittelt, haben sich Bundesverkehrs-, Bundesfinanz- und Bundeswirtschaftsministerium nicht auf kostenlosen Nahverkehr für alle Bürger in Deutschland geeinigt. Es handelt sich offenbar um eine Falschmeldung, die sich für viele User auch auf den zweiten Blick nur schwer als solche erkennen lässt.
Kampagne könnte bei einigen Bürgern für große Verwirrung sorgen
So wirken sowohl die Aufmachung als auch der Schreibstil der Fake-Webseite Null-Euro-Ticket.info zunächst seriös und auch im Impressum verweisen die Unbekannten auf die real existierenden Bundesbehörden mit ihren existierenden Anschriften, Ansprechpartnern und Telefonnummern.
Allerdings lässt sich der Fake an gleich mehreren Punkten erkennen: Die Aktivisten geben nicht die offiziellen Behörden-Mailadressen an, sondern eine beim Mailanbieter Riseup.net. Und auch im Logo auf der Webseite ist die Rede vom "Ministerium für Digitalisierung und Verkehrswende". Das echte Ministerium heißt hingegen "Bundesministerium für Digitales und Verkehr".
In einer ebenfalls gefälschten Pressemitteilung zum Thema, die der baden.fm-Redaktion vorliegt, heißt es:
Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr wird heute gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Bundesfinanzministerium eine neue Maßnahme zur Einhaltung der Klimaziele im Verkehrsbereich verkünden: Ab dem 1. September 2022 wird der ÖPNV in Deutschland allen Bürgerinnen und Bürgern kostenlos zur Verfügung stehen. Damit setzen die Ministerien einen Meilenstein sowohl im Klimaschutz als auch in der Sozialpolitik.
Begründet wird die Maßnahme mit einer angeblichen Einschätzung eines Expertenrats. Dieser sei zu dem Ergebnis gekommen, dass das bisherige Sofortprogramm nicht ausreiche, um die Klimaziele der Bundesregierung einzuhalten. Das vermeintliche Null-Euro-Ticket soll da Abhilfe schaffen, indem es die Menschen noch stärker zum Umstieg vom Auto auf den öffentlichen Personennahverkehr bewegt.
Die unbekannten Verfasser geben sich dabei nicht nur als Ministerien aus, sondern zitieren dabei auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (GRÜNE), Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). Diese haben allerdings die Worte, die ihnen dabei in den Mund gelegt werden, in der Realität so nie in diesem Zusammenhang gesagt.
Polizei ermittelt - echter Minister meldet sich mit Ankündigung zu Wort
Nach Informationen des Onlineportals t-online.de hat die Polizei in dem Fall erste Ermittlungen aufgenommen. In dem Artikel distanziert sich auch der Werbeflächen-Anbieter Ströer von der Plakataktion und betont, dass es sich nicht um einen gebuchten Auftrag handle. Die genauen Hintergründe der Fake-Kampagne sind derzeit noch unklar.
Der echte Bundesverkehrsminister Wissing hatte sich am Mittwochmorgen am Rande der noch laufenden Verhandlungen zu Wort gemeldet und angekündigt, dass es für das im September auslaufende 9-Euro-Monatsticket tatsächlich in Kürze eine Nachfolgeregelung geben wird.
Allerdings wollen sich die beteiligten Koalitionspartner zunächst auf einen Geltungsbereich und die umfassten Leistungen für Bus- und Bahnfahrer einigen und erst im Anschluss über die Finanzierung und einen konkreten Preis dafür nachdenken.
(fw)
