Der Badische Weinbauverband hat eine erste Prognose für den anstehenden Weinjahrgang 2022 gewagt
Weil auch die Winzer deutlich mehr Geld für Energie und Glasflaschen ausgeben müssen, soll der Badische Wein künftig teurer werden. Das hat der Präsident des Badischen Weinbauverbands Rainer Zeller am Montag (05.09.2022) bei einem Vor-Ort-Termin in den Reben bei Waldkirch-Buchholz angekündigt. Wie viel die Flasche heimischer Wein für den Verbraucher am Ende mehr kosten wird, sei die Sache jedes einzelnen Betriebs. Eine konkrete Preissteigerung nannte Zeller deshalb nicht.
Mit Blick auf die bereits begonnene Weinlese in Baden erwartet Verbandsgeschäftsführer Holger Klein einen sehr ordentlichen Ertrag im guten Durchschnittsbereich und hohe Qualitäten. In unserer Region seien die meisten Reblagen noch überraschend gut mit der anhaltenden Trockenheit und Hitze seit dem Frühjahr zurechtgekommen.
Der Ertrag in Baden dürfte einer vorsichtigen Schätzung zufolge um die 1 bis 1,2 Millionen Hektoliter erreichen. Das wäre deutlich mehr als im regenreichen Vorjahr 2021, in dem massiver Pilzbefall den Trauben und damit den Weinbaubetrieben zu schaffen gemacht hatte.
Bisher trotzen viele Reben in Baden der Trockenheit - anders als in Württemberg
Die Widerstandsfähigkeit mag mitunter auch daran liegen, wie die Böden unter den Reben in Baden beschaffen sind und wie viel Wasser sie im Vergleich zu anderen speichern können, erklärt die Badische Weinkönigin Jessica Himmelsbach den anwesenden Journalisten.
Allerdings können die Weingegenden, in denen die Hitzefolgen wenig Schäden angerichtet haben, auch auf vergleichsweise alte Reben zurückgreifen, die dementsprechend tiefe Wurzeln besitzen und daher leichter an Wasser kommen als junge Rebpflanzen.
Dennoch wird sich die Branche in Zukunft damit auseinandersetzen müssen, wieder stärker zu bewässern. Die Frage, woher das Wasser dafür kommen soll, stellt alle Beteiligten vor Herausforderungen. Denkbar sind zusätzliche Zisternen in den Weinflächen, man werde aber wohl auch nicht drum herum kommen, Grundwasser hoch in die Rebberge zu pumpen, schätzt Klein.
Wegen der trockenen Wetterlage über viele Monate hinweg und wegen eines guten Starts für das Pflanzenwachstum im Frühjahr spielten Pilzkrankheiten an den Reben diesmal kaum eine Rolle.
Darüber hinaus sieht Verbandspräsident Zeller die Winzer in Baden vergleichsweise gut auf die drohenden Auswirkungen des Klimawandels für den Weinbau aufgestellt. Nun gehe es eher darum, bei den Weinliebhabern und anderen Endkunden ein Bewusstsein und eine Akzeptanz beispielsweise für die neuen "PiWi"-Weinsorten zu schaffen. Dabei handelt es sich um spezielle Trauben-Züchtungen, die einen besonders hohen Widerstand gegen Pilzkrankheiten aufweisen.
Die Hauptweinlese in Baden dürfte in Kürze starten, der Weinbauverband rechnet mit einem Hochbetrieb in den Reben um den 14. September herum. Doch schon jetzt sind viele Winzer schon deutlich früher dran als in einigen Jahren zuvor. So stecke man beispielsweise im Markgräflerland nicht erst in der Weinlese der frühen Sorten für den "Neuen Süßen", sondern bereits mitten im Herbsten des Gutedels, so Zeller.
Mögliche EU-Verordnung hätte wohl ein "Einstampfen" vieler Anbauflächen auch hierzulande zur Folge
Vor den Augen und Ohren der anwesenden Agrarstaatssekretärin Sabine Kurtz (CDU) wies er vor Ort in Buchholz außerdem auf eine drohende Gefahr durch eine mögliche EU-Verordnung hin. Ein Entwurf der EU-Kommission könnte aus seiner Sicht das Aus des Weinbaus in Baden auf einer Fläche von bis zu dreißig Prozent der bisherigen Anbaugebiete bedeuten.
Hintergrund ist ein europaweiter Vorstoß gegen das Artensterben. Die Idee sieht vereinfacht gesagt vor, eine Art Pufferzone zwischen Wasserschutzgebieten und Anbauflächen zu schaffen, wo dann auch keine Pflanzenschutzmittel mehr zum Einsatz kommen dürfen - auch nicht die aus dem ökologischen Weinbau.
In der Praxis liegen sehr viele Rebberge aber sehr nah an bestehenden Schutzgebieten oder überschneiden sich wie im Fall des Kaiserstuhls auch stellenweise damit.
Sollte eine breite politische Mehrheit diese Verordnung tatsächlich in der bisherigen Form auf den Weg bringen, könnte das das schlagartige Aus gesamter Weinanbaugebiete bedeuten - nicht nur in Baden, sondern in ganz Europa, so die Befürchtung.
Die Folge wären nicht nur wirtschaftlich, sondern auch in der Landschaft und in der Kultur zu spüren, warnt Zeller, will aber auch gleichzeitig die Sache nicht größer machen als sie ist. Er wirbt in der Sache für ein Miteinander von Winzern, Verbänden und Politik, um eine Lösung zu finden.
Landesregierung will Winzer weiter bei der Absicherung gegen Unwetterschäden unterstützen
Eine konkrete Rückmeldung dürfte aus Sicht vieler Winzer in einer anderen Sache bereits für Erleichterung gesorgt haben: Staatssekretärin Kurtz hat bei ihrem Besuch angekündigt, dass das Land weiterhin so genannte Ertragsversicherungen fördern wird.
Die springen ein, wenn Risiken wie Frost, Sturm oder Starkregen für drastische Ernteausfälle sorgen. Der Weinbau werde dabei von den Folgen des Klimawandels aus Sicht von Kurtz besonders hart getroffen. Deshalb stehe die Landesregierung bereits seit drei Jahren hinter den Ertragsversicherungen.
(fw) / dpa