Winfried Kretschmann, Ministerpräsident, Landtag, © dpa

Ausgangsbeschränkungen bleiben bestehen – keine Großveranstaltungen bis Ende August

Ministerpräsidenten und Bundeskanzlerin beschließen erste vorsichtige Lockerungen der Corona-Verordnung

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat, gemeinsam mit den anderen Landesvätern und -müttern sowie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch (15. April 2020) in einer Videokonferenz über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise entschieden. Dabei wurden erste vorsichtige Lockerungen beschlossen. Gleichzeitig mahnten alle Beteiligten zu Vorsicht und Geduld, da eine verfrühte Rückkehr zur Normalität die bisherigen Erfolge im Kampf gegen das Virus wieder zunichte machen könnte.

Lange Beratung der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin

Mit über eineinhalb Stunden Verspätung hatte sich die Bundeskanzlerin am Mittwochabend an die Bevölkerung gewandt und die neuen Beschlüsse von Bund und Länderrn verkündet. So lange hatte die Videokonferenz gedauert. Wenig später sprach Ministerpräsident Kretschmann zu den Bürgern. Im Zentrum der Gespräche habe die Frage gestanden, wann und in welcher Weise das öffentliche Leben schrittweise zur Normalität zurückkehren könne. "Wie könne wir unser Land verantwortungsvoll öffnen?", so die offene Frage Kretschmanns. Die neuen Regelungen sollen ein erster Schritt in diese Richtung sein.

  • Ab frühestens kommender Woche dürfen demnach Geschäfte bis zu 800 Quadratmeter Verkaufsfläche wieder öffnen - allerdings unter strengen Hygieneauflagen. Auch Auto-, Fahrrad und Buchhändler dürfen wieder öffnen. Gastronomische Betriebe bleiben weiterhin geschlossen. Schrittweise Öffnungen seien die einzige Möglichkeit, einen Sog in die Innenstädte zu verhindern.
  • Schulen sollen ab 4. Mai schrittweise wieder öffnen. Zuerst seien die Abschlussklassen dran. "Den älteren Schülern können wir zumuten, die Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten", so Kretschmann. Auf Bundesebene dürfen 4. Klassen ebenfalls frühestens ab 4. Mai wieder zum Unterricht. Kretschmann steht dieser Regelung in Baden-Württemberg noch skeptisch gegenüber. Kitas bleiben weiterhin geschlossen, jedoch wird die Notbetreuung auf weitere Berufsgruppen ausgeweitet. Lehrer, die wegen ihres Alters, einer Vorerkrankung oder einer Schwangerschaft zur Risikogruppe gehören, dürfen auch weiterhin nicht unterrichten. Ebenso Schüler, die vorerkrankt sind oder deren Eltern zur Risikogruppe gehören.
  • Gottesdienste und Zusammenkünfte von Glaubensgemeinschaften werden weiterhin zunächst nicht stattfinden.
  • Großveranstaltungen bleiben bis 31. August verboten. Dazu gehören unter anderem Konzerte, Festivals oder auch Fußballspiele, wie die von Bundesligist SC Freiburg. Der wird folglich auch seine ersten Spiele in der kommenden Saison ohne Zuschauer bestreiten müssen.
  • Die Bundes- und Landesregierung empfiehlt derweil dringend das Tragen sogenannter Alltagsmasken, also Stoffmasken für Mund und Nase, in der Öffentlichkeit. Konkret wird das Tragen überall dort empfohlen, wo sich der Mindestabstand von 1,5 Metern zueinander nicht durchgehend einhalten lässt, also im öffentlichen Personennahverkehr oder beim Einkaufen. Medizinische Schutzmasken seien medizinischem Personel, Polizei und anderen Berufstätigen vorbehalten, die direkten Kontakt mit Menschen haben, die möglicherweise infiziert sind.
  • Ferner entwickelt die Bundesregierung derzeit eine Handy-App, die die Infektionsketten besser nachvollziehbar machen soll, indem sie Bewegungs- und Kontaktdaten der Nutzer festhält. Sobald die App serienreif ist wird sie auf freiwilliger Basis angeboten. Jedem Bürger werde dringend empfohlen, die App zu installieren und zu nutzen.

"Es handelt sich hierbei um erste vorsichtige Schritte zur Öffnung der Gesellschaft", so Kretschmann und Merkel unisono. Die Kontaktbeschränkungen blieben bis auf Weiteres in Kraft. "Wenn wir leichtsinnig werden, gefährden wir alles, was wir in den letzten Wochen mühsam aufgebaut haben. Das hätte schlimme Folgen für die Wirtschaft, das Gesundheitssystem und die Gesellschaft." Während eine erneute Ansteckungswelle schnell passieren könne, seien Gegenmaßnahmen langwierig, teuer und mit weiteren drastischen Einschnitten für die Bevölkerung verbunden.

Impfstoff Voraussetzung für Rückkehr zur Normalität

Eine Rückkehr zur Normalität werde es erst geben, wenn ein Impfstoff entwickelt wurde, stellte die Bundeskanzlerin klar. "Wir wissen nicht, wann wir zur Normalität zurückkehren können."

(br)