Wenn der Streit nicht wäre, könnten beide Seiten eigentlich in einem richtigen Idyll im Markgräflerland wohnen
Die Geschichte der Diethelm-Mühle in Müllheim geht bereits ins 18. Jahrhundert zurück. Heute betreibt Besitzer Klaus Diethelm auf dem Gelände mit der Unterstützung seines Sohnes Thomas eine private Kleintierzucht. Auf dem Hof der Familie lassen sich unter anderem Hühner, Gänse und anderes Geflügel finden - aber auch drei Schweine, fünf Esel, zwei Nandus oder sogar ein Lama. In der Stadt ist die Anlage ziemlich bekannt. Oft stehen junge und ältere Einheimische und auch Ausflügler am Zaun und bestaunen die Tiere aus der Nähe.
Der Vorwurf: Laute Tierrufe in den frühen Morgen- und Abendstunden - und auch Gestank
Bis vor ein paar Jahren waren es noch deutlich mehr. Um auf die anhaltende Lärm-Kritik von Nachbarn zu reagieren, haben die Diethelms einige Tiere abgeschafft oder auch die Esel auf ein benachbartes Grundstück in 800 Metern Entfernung verlegt. Zusätzlich haben sie sich von ihren Schafen getrennt, weil diese für die weitere Pflege einer Grünfläche wohl nicht mehr notwendig waren.
Hart trifft die Diethelms allerdings der Vorwurf, dass sie sich nicht richtig um ihre Tiere kümmern würden. In einem Brief bemängelt ein Anwohner, dass die beiden Goldfasane ständig schreien würden und wertet das als Zeichen von Vernachlässigung. Die Hofbetreiber können das nicht nachvollziehen und wehren sich gegen die Unterstellungen.
Für großes Aufsehen hatte zuletzt ein Schild gesorgt, das Klaus Diethelm an der Grundstücksgrenze des Hofs aufgestellt hat. Darauf lassen sich Beschwerde-Briefe der Anwohner lesen und teils auch eigene Kommentare dazu. Seitdem wurde der Nachbarschaftsstreit auch über die Grenzen Müllheims hinaus zum Gesprächsthema und droht, die Nachbarschaft in zwei Lager zu spalten.
Viele Unterstützer setzen sich gerade auch in den sozialen Netzwerken für einen Erhalt der Kleintieranlage ein. Dabei steht die Zukunft des Hofs aus Sicht der Nachbarn überhaupt nicht auf dem Spiel.
Anwohner haben grundsätzlich nichts gegen die Tiere
Um die angespannte Stimmung wieder zurück auf ein normales Level zu bringen, möchten diese lieber nicht vor unsere Kamera. Verschiedene Familien zeigen sich uns gegenüber aber trotzdem bereit für persönliche Gespräche - und sind auch grundsätzlich offen für Kompromisse. Bei ihnen herrscht Einigkeit: Ihnen geht es überhaupt nicht darum, dem Hof die Tierhaltung zu verbieten.
Sie fordern ihr Recht auf Nachtruhe ein und möchten deshalb die aktuelle Ist-Situation beibehalten. Auch sie leben prinzipiell gerne in der Natur, zu der auch die Tiere gehören, heißt es. Und selbst als ein ausgebüxtes Schwein einmal den Garten durchwühlt hatte, sei er recht gelassen geblieben, berichtet uns ein Anwohner.
Bereits vor einigen Jahren war das Nachbarschaftsverhältnis schon einmal auf die Probe gestellt worden. Damals hatten sich am Froschteich der Diethelms angeblich auch laute, eingeschleppte Ochsenfrösche niedergelassen. Der Teich wurde damals zugeschüttet. Im Anschluss waren aber weiterhin noch die Schreie der Vögel zu hören. Seitdem die Diethelms den Tierbestand reduziert haben, sind für die Nachbarn die Probleme aber besser geworden. Das soll sowohl den bemängelten Geruch nach Tiermist betreffen, als auch die Rufe von Fasanen, Hähnen und Perlhühnern.
Auf dieser Basis bieten die Anwohner den Hofbetreibern deshalb jetzt schriftlich eine Einigung an: Mit einer Unterschrift würden sich die Diethelms dabei verpflichten, das umstrittene Schild wieder wegzunehmen und stattdessen zu den Gesprächen mit den Nachbarn an einen Tisch zurückzukehren. Darüber hinaus soll die Vereinbarung auch sicherstellen, dass auf dem Hof in Zukunft nicht wieder mehr Tiere leben, als es momentan der Fall ist.
Nachbarn bieten Einigung an - Hofbetreiber sehen dabei aber einen Haken
Dieser Punkt lässt die Hofbetreiber bis jetzt aber zögern. Sie fragen sich, welche Konsequenzen es hätte, falls ihre Tiere im nächsten Frühjahr Nachwuchs bekommen. Sie befürchten, dass sie dann ihren Teil der Abmachung nicht mehr einhalten könnten. Folge könnte im Ernstfall ein Rechtsstreit sein, bei dem dann doch der gesamte Betrieb des Kleintierhofs auf dem Spiel stehen könnte.
Im Müllheimer Rathaus war bis zuletzt von dem Nachbarschaftsstreit nur wenig bekannt. Auf baden.fm-Anfrage bestätigt eine Mitarbeiterin, dass die Polizei beim städtischen Ordnungsamt angefragt hatte, als einmal eine Auseinandersetzung um das aufgestellte Schild mit den Anwohnerbriefen zu eskalieren drohte. Weil die alarmierten Einsatzkräfte aber die Gemüter offenbar wieder beruhigen konnten und das Schild auf Privatgelände steht, entschied sich die Behörde damals dazu, nicht weiter einzuschreiten. Um einer Privatklage zu entgehen, hatten die Diethelms im Anschluss die Namen von den angeprangerten Einzel-Briefen entfernt.
Rathaus in Müllheim will den Streit im Blick behalten
Um den Frieden in der beschaulichen Stadt im Markgräflerland zu wahren, will nun aber auch das Rathaus die Situation zunächst etwas genauer im Blick behalten. Möglicherweise könnten sich auch hierüber in Zukunft neue Vermittlungsansätze ergeben.
Auch mit dem Einigungsangebot der Nachbarn scheint ansonsten bisher noch keine Lösung für den Konflikt im Raum zu stehen, mit dem beide Seiten leben könnten. Für neue Hoffnung sorgt allerdings, dass sich Hofbetreiber und Anwohner bereits wieder ein gutes Stück aufeinanderzu bewegen und den Druck herausnehmen möchten. Vielleicht entwickelt sich ja über neue Gespräche eine gemeinsame Basis, mit der sich der Streit baldmöglichst beilegen lässt.
(fw) & (la)